Geschichte Pfrontens von der letzten Eiszeit bis heute
Erfahrt mehr zur Kulturlandschaft des Pfrontener Tals und zur spannenden Ortsgeschichte. In unserer Landschaft könnt ihr hautnah die Kulturgeschichte Pfrontens erleben. Begebt euch auf Entdeckungstour und entdeckt Spuren der über 1000jährigen Besiedelungsgeschichte Pfrontens. Der Heimatverein Pfronten hat sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte und Kultur des Pfrontener Tales zu erforschen und die Ergebnisse Einheimischen und Gästen zugänglich zu machen.
Mächlerwelten Allgäu – Ein Film über die Pioniere der mechanischen Industrie in Pfronten
Die chronologische Geschichte Pfrontens - von der letzten Eiszeit bis heute:
Der Pfrontener See
Vor 12.000 Jahren unserer Zeitrechnung ging im Ostallgäu die letzte Eiszeit ihrem Ende entgegen. Mit dem Rückzug des Lechgletschers blieben gewaltige Massen von Kies und Geröll zurück und es bildete sich nach dem Abschmelzen der Eismassen ein großer See, der den gesamten Pfrontener Talboden bedeckte. Gespeist wurde der See von den Wassern des Lechs, der Ach und der Vils.
Beim heutigen Lechfall in Füssen fielen die Wassermassen 100 m in den Füssener See. Nachdem sich der Lech einen Durchlass durch den Fels gegraben hatte, konnten die Wasser aus dem Pfrontener See langsam abfließen.
Breit öffnet sich seither das Pfrontener Tal von Nord nach Süd um 45 m fallend. Alle Wasser im Tal fließen nun Berg einwärts diesem umgekehrten Gefälle nach.
Von Rom nach Cambodunum
Vom Tiroler Grenzstädtchen Vils kommt allmählich ansteigend die Straße herauf, die Pfronten an den Fernverkehr über Reschen und Brenner anbindet und über Kempten die oberschwäbischen und rheinischen Zentren erreicht.
Diese Straße war die Lebensader Pfrontens in seiner zweitausendjährigen Geschichte. Hier verlief seit 15 v.Chr. der Nachschubweg zum römischen Cambodunum auf dem Kemptener Lindenberg. Ein halbes Jahrtausend später verließen die letzten Truppen die aufgegebene Provinz Raetia.
Neben den verbliebenen, christlichen Provinzialrömern siedelten von Norden nachdrängende, heidnische Alemannen. Um das Jahr 800 war die "römische" Sprache in Pfronten erloschen, die Bevölkerung des Tales zu einer Einheit mit deutscher Sprache und christlichem Glauben verschmolzen. Das Gebiet war inzwischen fränkisch-karolingisch geworden. Im 13. Jahrhundert kam es unter das milde Regiment der Fürstbischöfe von Augsburg, 1803 zu Bayern.
Freie Bauern nutzen ihre Chance
Die politische Gemeinde Pfronten hat sich als Pfarrgemeinde spätestens im frühen Hochmittelalter im Bereich der heutigen Pfarrkirche St. Nikolaus herausgebildet.
Zur Entstehung des Ortsnamens Pfronten gibt es verschiedene Theorien. Eine Möglichkeit besagt, dass der Name sich von Rodung, althochdeutsch Phruonta, mittelhochdeutsch Phruende ableitet. Mit zunehmender Rodung des Talraumes entstanden neue Siedlungen, die neue Dorfnamen erhielten, doch der gemeinsame Name für die ganze Rodung ist geblieben. So entstanden 13 Ortsteile aus den Rodungsteilgebieten.
Pfronten blieb immer Landgemeinde. Die Pfrontener waren ihrem Recht nach immer freie Bauern; doch war die Landwirtschaft durch die rauen klimatischen Bedingungen im allgemeinen nur Nebenerwerb.
Handwerk, Gewerbe und Fuhrwesen ermöglichten erst die starke Besiedlung des Tales. Dass sie Rechte hatten, die sie in ihrem Urbar (Besitzrecht) mit jenen der Bürger der Stadt Füssen verglichen, andererseits aber die Beschränkungen des Stadtwesens mieden, war ihre große Chance, die sie konsequent nutzten.
Hier, wo kein Marktrecht den durchfahrenden Handel belastete, waren seit dem Mittelalter bis zur Eröffnung der Bahnlinie Kempten - Pfronten - Reutte vor rund 100 Jahren eine Reihe von "Bauern" mit jeweils 30 bis 40 Pferden als Fuhrunternehmer im einträglichen Frachthandel tätig.
Lagerspeicher, Bierbrauereien und Weinwirtschaften entlang der Straße kennzeichneten den Umschlagplatz Pfronten. Zeitweise hatten die Pfrontener alle vier Frachtkonzessionen der "ordentlichen Fuhrwerkstaffel zu Kempten" inne mit der Verpflichtung, ganzjährig die Route nach Venedig zu befahren.
An den Bächen liefen um 1850 immer noch 19 Gipsmühlen. Nicht nur für Stuck und Kirchenbau wurde der Gips gebrannt und gemahlen: er ging in Fässern auf der Achse nach Kempten und von dort auf Flößen ins Donaugebiet. Im Winter kehrten täglich 60 bis 80 Fuhrwerke in den Pfrontener Wirtschaften ein, die ihn als Düngekalk ins Unterland holten.
Die Zunftfreiheit ließ eigene Initiativen bei Berufswahl und Niederlassung in Pfronten zu. Das ist der Boden, auf dem sich das "Mächlertum", die vielseitige, handwerkliche Geschicklichkeit des Einzelnen, entwickelte. Es hat ausgezeichnete Meister in Handwerk und Kunstgewerbe hervorgebracht.
Pfronten: Geschichte - Kunst und Gegenwart
Aus Handwerksberufen entsteht Industrie von Weltruf
An wassergetriebenen Hämmern werkten die Waffen- und Sensenschmiede. In sechs Schmiedewerkstätten an der Straße standen Hufschmiede am Amboss und formten neben den vielen Eisen für die Saumrösser dekorative Beschläge für Türen und Möbel.
Gürtler, Harnischmacher, Goldschmiede und Uhrenmacher arbeiteten für den Fernhandel. Diese Gewerbe waren es, die als erste im Allgäu nach den wirtschaftlichen Rückschlägen der Napoleonischen Kriege die feinmechanische Fertigung aufgriffen, sie durch immer neue Erfindungen bereicherten und Firmen gründeten, die Weltruf erlangten. Diese innovative Industrie ist heute Pfrontens stärkste wirtschaftliche Stütze.
Sie war es auch, die den ersten Tourismus vor über 100 Jahren nach Pfronten zog. Reisebüchlein wiesen damals darauf hin, dass man nicht versäumen solle, die "Wunderwerke an feinmechanischen Messgeräten und die Werkstätten in Pfronten" anzusehen, wenn man Hohenschwangau und Füssen besuche.
Im Zeitalter des Barock entsteht ein Künstlerdorf - Einheimische Künstler erbauen die Pfarrkirche
Im Zeitalter des Barock erblühte das Pfrontener Künstlertum. Künstlerfamilien brachten über Generationen hinweg bedeutende Maler und Bildhauer hervor, die ihre Talente bis zur Neuzeit weitervererbten.
Die einheimischen Künstler und Kunsthandwerker, die einst allein die Pfarrkirche schufen, den Kapellen und Filialkirchen in Gestalt und Einrichtung schmückten, gaben ihre Ideen und Stilmerkmale zunächst in den öffentlichen Werkstätten weiter.
Später jedoch begaben sie sich zur eigenen Weiterbildung auf Wanderschaft in die Kunsthochburgen fern der Heimat. Mancher von ihnen fand in der Fremde eine neue Heimat. So ging der Maler Thomas Driendl nach München und gründete die Lithographische Anstalt. Sein Sohn wurde ein gefragter Kirchenmaler in Brasilien. Sein Schwiegersohn, Bildhauer Syrius Eberle aus dem "Stapferhaus" in Pfronten, war Akademieprofessor in München und verbrachte seinen Lebensabend in Bozen.
Wirken in der Fremde
Im 17. und 18. Jahrhundert wirkten die Pfrontener Künstler und Kunsthandwerker weit über die Grenzen des Allgäus hinaus. Wir finden sie in Augsburg, Nürnberg, den rheinischen Städten, Dresden, Wien, Innsbruck und Brixen, in Straßburg, Paris, Rom und in der Schweiz.
Andere kehrten nach Jahren zurück. Der 34jährige Joseph Keller, Pfrontens bester Rokoko-Maler, kam um 1773 aus Wien-Kalcksburg nach Ried. Maximilian Hitzelberger, Bildhauer Augsburger Schule, wurde 38jährig heimgeholt, um 1743 das vakante Mesneramt in Berg zu übernehmen. Für die Klosterkirche St. Mang in Füssen hat er fortan gearbeitet. In der Pfrontener Pfarrkirche sind von ihm und von Joseph Keller ansprechende Arbeiten erhalten.
Deckenfresko in der Pfarrkirche St. Nikolaus von Joseph Keller
Joseph Stapf, Bildhauer aus der zentralen Künstlerfamilie Stapf, die den meisten anderen Künstlergruppen verwandt oder verschwägert war, nahm gar erst 60jährig dauernden Wohnsitz in Pfronten nach langen Schaffensjahren in Nord- und Südtirol. Die Engel vom Schalldeckel der Kanzel in Heitlern sind ein spätes Werk seiner kunstreichen Hand.
Überliefertes Künstlertum bis in die Jetztzeit
Eine neue Heimat und ein weites Schaffensgebiet fand der vielseitige Bildhauer Johann Baptist Babel, Neffe des bedeutenden Peter Heel, 30jährig in Maria Einsiedeln/Schweiz. Die reizvollen Figuren der hl. Anna und Joachim in Röfleuten und der eindrucksvolle Kerkerchristus im benachbarten Zell sind Jugendarbeiten des früh zu großer Meisterschaft gereiften Künstlers.
Nur die Hitzelberger blieben in Pfronten, durch eine 400jährige Tradition an das Mesneramt bei der Pfarrkirche gebunden. Bis vor wenigen Jahren werkte in fünfter Bildhauergeneration der Familie der akademische Bildhauer Hans Hitzelberger im Pfrontener Tal.
Der letzte der Maler und Stukkateure Geisenhof, Johann Thomas, war in der Schweiz tätig, folgte dann König Otto nach Griechenland und ließ sich später in München nieder. Die Bildhauer und Maler Osterried aus Kaspars Mühle wanderten nach Munkacz/Ungarn, Wien und München ab.
Diese Künstler, Maler und Bildhauer, aber auch Baumeister, Stukkateure, Steinhauer, Altarbauer und Kunstschlosser, standen in der Tradition eines jahrhundertelang sich vererbenden künstlerischen Geistes in Pfronten. Ihre Anfänge kennen wir heute nicht mehr; sie dürften noch im Mittelalter liegen.
Und das ist Pfronten heute
13 Ortsgemeinden mit knapp 8.000 Einwohnern, weite Täler und Berge, grüne Wiesen und Wälder, klare Flüsse und frische, reine Luft. Allgäuer sind es, die hier das Erbe der Väter weiterreichen. Sie haben die feinmechanische Industrie aufgebaut und weiterentwickelt. Diese saubere, sympathische Fertigung von Präzisionsmaschinen und -werkzeugen, die über 1.000 Menschen Brot und Arbeit gibt.
Das Netz der Hotel- und Gastbetriebe mit ca. 4.500 Betten hat sich über alle Ortsteile ausgebreitet.
Rund 100.000 Gäste und knapp 580.000 Gäste-Übernachtungen werden im Jahr verzeichnet.
Fast windstill und nebelfrei ist das muldenförmige, eingetiefte Tal, intensiv die starke Strahlung der Höhensonne. Umwelt- und Nachbarprobleme hat Pfronten nicht. Innerhalb seiner Gemeindegrenzen - 6.238 ha auf Bayerischem und 1.434 ha auf Tiroler Gebiet - hat es ausreichend Vorrat an Grund und Boden.
Sein Trinkwasser bezieht es aus eigenen Tiefbrunnen, Frischluft erhält es ständig durch Luftaustausch mit den Seitentälern. Jenseits seines bebauten Raumes beginnt ein gemeindeeigenes Freizeitparadies, so groß, dass man es in Stunden nicht erwandern kann.
Heimatverein Pfronten e. V.
Der Heimatverein Pfronten hat sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte und Kultur des Pfrontener Tales weiter zu erforschen und die Ergebnisse Einheimischen und Gästen zugänglich zu machen.
Alles zur Geschichte Pfrontens findet ihr unter www.heimatverein-pfronten.de
Die Gemeinde Pfronten bedankt sich bei Herrn Bertold Pölcher für die Unterstützung.